Es sind nun über 200 Tage. Alles ist glatt gegangen, wir haben wunderbare Leute kennengelernt und viele fantastische Orte gesehen. Es lief alles nach unserem (lockeren) Plan. Jedenfalls bis die Corona-Krise uns einen Strich durch die Rechnung machte. Wir sollten uns allerdings nicht beklagen, weil sich alles zu unseren Gunsten entwickelt, und sich Einiges im Nachhinein für uns als Segen erwiesen hat. Mehr dazu später…
Es war Mitte März, als wir anfingen zu begreifen, wie ernst die Pandemie war. Dinge fingen an sich zu verändern. Campingplätze machten dicht, Restaurants und Sehenswürdigkeiten auch. Unsere Schweizer Freunde, die uns Anfang April hätten besuchen wollen, konnten ihre Reisepläne nicht weiterverfolgen. Wir fingen an, uns darüber Gedanken zu machen, was das alles für uns bedeutete. Dank der Tatsache, dass wir im Oktober ein Visum für ein ganzes Jahr ausgestellt bekommen hatten (anstelle der sonst üblichen 6 Monate), kam eine Heimkehr für uns nicht in Frage. Damals waren wir gerade in Atlanta, noch nicht ahnend, wie verrückt alles noch werden würde. Während vieles in Downtown geschlossen wurde, blieb die ‚World of Coca-Cola‘ geöffnet. Dies wollten wir gleich ausnützen. Wer hätte gedacht, dass dies zwei Monate später die letzte Sehenswürdigkeit sein würde, die wir bis dahin besucht haben werden. Es war übrigens toll.
Aber lasst uns dort beginnen, wo wir das letzte Mal steckengeblieben sind: auf der Fahrt entlang der Atlantikküste nach Savannah in Georgia. Von dieser kleinen, historischen Stadt waren wir sehr beeindruckt. Wir verbrachten zwei Nächte als Wild-Campierer und waren angenehm überrascht, dass man im Stadtzentrum am Wochenende gratis parkieren darf. Während unseres Spaziergangs entlang der Riverstreet genossen wir die entspannte Atmosphäre und die Live Musik, welche auf den Plätzen gespielt wurde. Das Mittagessen nahmen wir im ‚The Grey‘, dem aus ‚Chef’s Table‘ bekannten Restaurant, ein und wurden nicht enttäuscht. Ein absolutes Muss und ein grosses Highlight unseres Savannah-Aufenthalts. Wir würden liebend gerne wiederkommen.
Sowohl auf dem Weg, als auch in Atlanta selber wohnten wir bei ‚Boondockers Welcome‘ Gastgebern, Grüsse an Ken und Anne und Jim ☺. Selbstverständlich hielten wir bei Georgias bekanntester Sehenswürdigkeit, dem ‚Stone Mountain‘. Das ist ein riesiger Granit Monolith, so gross wie der Ayer’s Rock (jedenfalls ungefähr…). Wir widerstanden der verführerischen Fahrt mit der Standseilbahn «made in Switzerland» und wanderten den ganzen Weg bis zum Gipfel hoch. Das machte Spass!
Zoe wurde am 13. März ein Jahr alt und, weil sie in Tiere vernarrt ist, wollten wir sie mit einem Ausflug auf einen Bauernhof, die ‚Pettit Creek Farm‘ in Cartersville, Georgia, verwöhnen. Wir hatten eine private Tour gebucht, auf der Zoe’s Träume wahr wurden. Selbstbewusst fütterte sie Kamele, Zebras und die Giraffe. Natürlich hatte sie eine super Zeit und obendrein gab’s noch eine Eistorte…mmmh!
Um unsere Zeit in Georgia abzurunden, musste noch ein weiteres Goldstück (oder besser gesagt Gold-Nugget) gefunden werden: Tad und Glenda kennenzulernen. Dieses wunderbare Paar und seine erweiterte Familie liessen uns auf ihrem Grundstück übernachten und wir hatten es sehr lustig. Sie zeigten uns Dahlonega, wo 1829 der zweite Gold-Rush der USA stattfand. Ihr Haus ist übrigens auf einer alten Goldmine erbaut worden. Danke euch nochmals! Wir sind wirklich froh, dass Georgia ‘on our mind’ war.
Nach Georgia, auf dem Weg nach South Carolina, wurde es ein bisschen turbulent! Nicht nur hatte sich die Pandemie verschlimmert, sondern unser Frischwassertank begann auch noch zu lecken und musste ersetzt werden. Ausserdem war der Barbecue-Trail, den wir erkunden wollten, keine Option mehr, weil die Restaurants und Campingplätze zumachten. Zum Glück stellte sich unser gratis Übernachtungsplatz am Chatooga River (wo der Klassiker ‚Beim Sterben ist jeder der Erste‘ mit Burt Reynolds gedreht wurde) als Hit heraus. Wir bekamen sogar frisch gefischte Forellen von unseren Camp-Nachbarn geschenkt.
Wir durchquerten North Carolina und fanden in Ost Tennessee ein weiteres verstecktes Juwel: South Holston Lake. Dort hielten wir uns an die «Stay at Home-Policy» und verbrachten eine ganze Woche auf einfache Art, filterten das Wasser aus dem See und duschten auch darin. Gott sei Dank war warmes Wetter!
Richie konnte den Wassertank ausbauen und eine Skizze für einen neuen, grösseren Tank erstellen. Davon bestellten wir über unseren guten Freund Roland aus Phoenix eine Massanfertigung bei dessen Bekanntem, Victor. Euch beiden nochmals vielen Dank! Glücklicherweise hatten wir für die darauffolgende Woche geplant, unsere Freundin Kaitlin in Virginia zu besuchen und konnten den Tank dahin schicken lassen. Ihre Adresse machten wir uns auch zunutze, indem wir noch eine Kiste fürs Camperheck und weitere Kleinigkeiten dorthin bestellten. Dabei gab es aber nicht nur Arbeiten zu erledigen. Zoe genoss es, Hunderte von balzenden Kröten in allen Farben zu beobachten. Jeden Abend setzten wir uns ums Lagerfeuer (inklusive einer Brotback-Session) und Richie kam sogar zum Fischen!
Obwohl die örtlichen ‘Hillbillies’ wegen der Corona-Krise nicht allzu verunsichert zu sein schienen, waren wir ein wenig besorgt wegen unserer bevorstehenden fünfstündigen Fahrt nach Nellysford, Virginia zu Zeiten der ‘Stay at Home’ Anordnung. Unterwegs zu sein war aber nie ein Problem und die Reise war schön! Der Frühling war offensichtlich in Virginia angekommen! Die Hügel waren saftig grün und alles war erblüht.
Die Zeit bei Kaitlin, in den Ausläufern der Blue Ridge Mountains war wundervoll. Wir unternahmen kleine Spatziergänge, genossen feines Essen und konnten auf einer Sightseeing-Fahrt die Gegend erkunden. Zoe fand es toll, sich wieder einmal in einem Haus zu bewegen und neue Spielsachen auszuprobieren. Unser neuer Tank wurde geliefert und auch alle anderen Bestellungen von Amazon! Yay! Danke, Kaitlin, für die Gastfreundschaft! Virginia ist sehr charmant und ‘for lovers’! Das nächste Mal müssen wir alle Brauereien, Weingüter, Cider Produzenten und Schnapsbrennereien besuchen ;-).
Unser ursprünglicher Plan war es, dem Blue Ridge Parkway entlang der Appalachen zu folgen und New York, New England und schliesslich Kanada zu bereisen. Durch die hohen Covid-19-Fallzahlen in New York City und die damit einhergehenden Schliessungen, inklusive der Grenze zu Kanada, war dies jedoch nicht mehr möglich. Ein Grund um wieder herzukommen. Also, entschieden wir uns, nach Westen abzubiegen… zum Wilden Westen. Zum Glück ist die USA so riesig und hat so viel zu bieten. Wie wär’s mit Montana, Wyoming, Idaho, Colorado und Utah für den Sommer?
Ziemlich schnurstracks fuhren wir nach Ohio, wo wir sowohl östlich, als auch westlich von Columbus Freunde haben, die uns beide netterweise zu sich eingeladen hatten. Auf dem Weg dorthin durchquerten wir West Virginia. Da wir nur gerade eine Nacht dort verbracht (an einem weiteren Fluss… Juhee für abgelegenes Campieren!), haben wir nicht viel mehr von diesem Staat gesehen, als pure ländliche Gegend. Hügel hinter Hügel, Farm hinter Farm, Wald hinter Wald und hie und da einen ‚Family Dollar‘ Laden.
Wir erreichten unsere erste Ohio-Destination bei Brian und Alicia in Somerset. Der Frühling machte scheinbar eine Pause und Regen setzte ein. Nachts fielen die Temperaturen erneut unter den Gefrierpunkt. Es war angenehm, wieder von einem warmen, gemütlichen Haus Gebrauch machen zu können und natürlich eine schöne Zeit mit Freunden zu verbringen. Welch glücklicher Zufall, dass Brian mit Metall arbeitet. Während unseres Aufenthalts kamen seine talentierten und gewandten Hände zum Einsatz. Was ist er doch für ein grossartiger Handwerker! Zusammen installierten Richie und Brian den neuen Wassertank in einem Tag! Wir haben wieder Wasser ‘-Anschluss’, mehr Wasser sogar, und sind nun prima ausgestattet. Tschüss Flaschen! Trotz des stürmischen, kalten Wetters genossen wir warme, herzhafte Mahlzeiten zusammen, einige gute Jam-Sessions und ‘chick flick’-Nächte (Alicia und Abigail). Es scheint sogar, dass wir etwas Reisezaubersand versprüht hatten, denn kurz vor unserer Abreise, kauften die beiden einen Wohnwagen! Juhee! Wir freuen uns sehr, wenn wir sie irgendwo im Westen wieder treffen werden.
Für die darauffolgenden zwei Wochen durften wir unser Gefährt auf Ruby und Mikes 90 Hektar grossen Farm in New Carlisle parkieren. Bei unserer Ankunft wurde das Nachtessen aufgetischt und unsere erste Aufgabe des Abends bestand darin die Cowboy-Feuerstelle einzurichten. Wir fühlten uns sofort wie zu Hause.
Wir verbrachten die Tage mit Aushelfen auf der Farm, dem Gebrauch der grossen Küche (inklusive einiger Backorgien) und Zoe erkundete mit Freude diverse Schuppen und Räume. Das Spielzimmer glich einem Spielzeugmuseum aus den 80er-Jahren. Unsere Kleine war begeistert! Richie konnte auch viel erledigen. Er machte einen Service am Truck, inklusive Oelwechsel und Handwäsche. Im Camper stattete er Zoes Schlafbereich mit einem Gestell aus (danke nochmals fürs Holz Bob!), hängte die ‚Maxtracks‘ (Sandboards) an die neue Heck-Kiste und befestigte ein Plexiglas an die Fliegengitter-Tür für Zoe’s Sicherheit. Jetzt ist alles in bester Ordnung und bereit für die nächsten paar Monate.
Wir hatten aber auch Zeit für Spass! Richie und die Jungs gingen Tontaubenschiessen und zum Quad-Fahren und während die Kinder miteinander spielten, liessen sich die Mädels verwöhnen…Abigail bekam sogar einen neuen Haarschnitt (nochmals Dankeschön, Caryn!). Die meisten Tage endeten mit einem entspannenden Bad im Whirlpool, welch Glück! Wir haben täglich miteinander gegessen und wir fühlten uns als Teil der Familie. Ihr könnt euch vorstellen, dass uns der Abschied schwerfiel. Wir verliessen die Farm mit vielen wundervollen Erinnerungen, diversen Kleidern und Spielsachen für Zoe und sogar einem Reise-Laufgitter. Herzlichen Dank, Familie Bonham! Wir werden euch bestimmt wieder sehen.
‘Back on the road’, folgten wir Ruby und Mikes Empfehlung und fuhren etwas zurück zum Amish Country nördlich von Columbus, wo die weltweit grössten Amisch– und Mennoniten-Gemeinschaften leben. Wir verbrachten zwei Tage damit, aus der Ferne das Kommen und Gehen dieses ruhigen, ehrfürchtigen Volkes zu beobachten. Da die Amischen ursprünglich aus der Schweiz und Süddeutschland eingewandert waren (während dem 18. Jahrhundert wegen religiöser Verfolgung in Europa), war es nicht verwunderlich, dass wir einen deutschen Dialekt sprechen hörten. Sowieso gab es einige Ähnlichkeiten zwischen dieser Gegend und unserer Heimat. Als wir durch die Dörfer fuhren, hatte Richie das Gefühl, er würde wieder für OHS ausliefern. Mit dem Unterschied, dass sie hier Pferd und Wagen, anstelle von Traktoren und Mähdreschern benutzten. Man fühlte sich ins 17. Jahrhundert zurückversetzt, schliesslich verzichten die Amischen auf jegliche moderne Technologie (obwohl E-Bikes gerade in zu sein scheinen).
Wir kamen durch Orte namens ‘Fryburg’, fuhren auf einer Strasse mit dem Namen ‘Zürcherstrasse’ und Häusern, die mit ‘Heini’s Käse-Chalet’ angeschrieben waren. A-propos Käse: Bei Walnut Creek probierten wir delikat geräucherten Schweizer Guggisberg-Käse. Zoe’s Highlight war die weltgrösste Kuckucksuhr in Sugar Creek, auch bekannt als ‘the little Switzerland of Ohio’.
Ironischerweise waren die letzten zwei Monate eher gesellig für uns. Wir leben unterwegs und sind abhängig von Campingplätzen, Parks und öffentlichen Plätzen. Dort können wir unseren Wasservorrat auffüllen, unsere grauen und schwarzen Tanks entleeren und legal übernachten. Weil diese Optionen knapp wurden, waren wir sehr froh, auf die Einladungen von anderen Menschen zurückgreifen zu können. Im Gegensatz zu anderen Ländern bot uns Amerika immer noch eine beachtliche Menge Freiheit; die Strassen blieben geöffnet und auch Läden wie Camping World und Home Depot.
Unsere Herzen sind bei Jenen, die leiden oder schwer von der Corona-Krise getroffen sind und natürlich bei anderen Reisenden, die irgendwo stecken geblieben sind. Ausser ein paar Nahrungsmittelengpässen in den Supermärkten (vor allem an der Fleischtheke) und ein paar Änderungen an unserer Route, hatten wir sehr viel Glück in diesen herausfordernden Zeiten. Langsam beginnt nun aber wieder vieles zu öffnen, Staat um Staat. Wir hoffen, dass bald alles wieder zurück zur Normalität findet und das Coronavirus ein Ding der Vergangenheit ist. Es ist die Freiheit, welche wir am meisten schätzen, deshalb gehen wir solch einem Lifestyle nach. Reist solange ihr könnt, man weiss nie, wann die Grenzen plötzlich zu machen.
Meat you out West, danke fürs Lesen!
How about a picture from inside plus sleeping quarters. I’ve read everything so many times and am always thinking of you. That was a surprise – the new hair style.Take care. Love Pamela
Hi Pamela,
Thanks for the tips. We do have one photo on the ‚about‘ page, subtitle ‚Silverskin‘. But maybe we add more one day. We’re constantly updating it. So keep checking 😉 …and yes, hair cut was a big move but I’m loving it! Thanks for your support. Take care. Abigail, Richie and Zoe