Gublers Blog

Nach 17-monatiger Reise durch die USA, schafften wir es schlussendlich nach Mexiko und wir bereisen nun die Baja California. Wir geniessen die Strände, Margaritas und Fisch-Tacos, während wir uns vom Horror-Grenzübertritt erholen!

Aber lasst uns genau erzählen, was passiert ist. Schliesslich schreiben wir in diesem Blog über die guten, aber auch über die schlechten Erlebnisse und in diesem Fall über die sehr schlechten!

Mit gewechselten Pesos, abgeschlossener Autoversicherung und bereitliegenden Pässen fuhren wir zum Grenzposten in Calexico/Mexicali West und passierten das Schild «Letzte Wendemöglichkeit vor Mexiko». Von hier gab es kein Zurück, so glaubten wir jedenfalls!

Auf der mexikanischen Seite schien alles glatt zu laufen, der Grenzwächter füllte bereits unsere Visa aus. Da wir jedoch vorhatten, später aufs mexikanische Festland zu reisen, fragte Richie nach einem TIP (Temporäre Importerlaubnis fürs Fahrzeug). Mit einem US-Nummernschild kann man nur die Baja California ohne TIP befahren, aber wir wollten schon einen Schritt voraus sein für die Fähre von La Paz zum Festland und zwei Fliegen auf einen Schlag erledigen.

Der Grenzwächter informierte uns, dass das Gewicht unseres Fahrzeuges zu schwer wäre und wir zu einem anderen Grenzübergang gehen sollten, um einen TIP zu beantragen. Wir sollten also zuerst zurück in die USA und dort zum anderen Zoll Calexico/Mexicali Ost, wo sie dann alles für uns erledigen würden.

Wir befolgten also die Instruktionen und fuhren erneut in die USA, dort aber direkt in die sekundäre Kontrolle. Da dämmerte es uns langsam, dass dies vielleicht nicht so eine gute Idee gewesen war.

Aber was hätten wir machen können? Im Effekt, schnell eine Entscheidung fällen zu müssen, ist immer schwierig! Wir waren gefangen!

Die US-Grenzbeamten wurden offensichtlich skeptisch, weshalb diese europäischen Reisenden plötzlich umkehrten und nahmen uns und Silverskin ganz genau unter die Lupe.

Wie ihr wisst, war unsere Visa-Verlängerung für die USA immer noch pendent, was aber leider nicht im System des Zoll- und Grenzschutzes erschien.

So wurden wir sofort für illegale Einwanderer gehalten und als Lügner abgestempelt! Völlig ahnungslos wurden wir gebeten, unser Fahrzeug zu verlassen und von drei Beamten in einen Raum begleitet. Dort wurden wir abgesucht und es wurden all unsere persönlichen Sachen (inkl. Gürtel und Hüte) beschlagnahmt. Wir warteten, warteten und warteten (und durften dabei übrigens nicht sprechen), bis wir schliesslich zu einem Bus eskortiert wurden. Richie in Handschellen!

Es schien, als gingen wir zu einem Ausschaffungs-Zentrum!

Wiederum ohne Erklärung wurden wir dort getrennt, Richie von Abigail und Zoe (zum Glück durfte sie bei Mami bleiben) und es gab bloss eine Information: «Ihr werdet voraussichtlich zwei Tage hierbleiben, es sind noch dreissig weitere Fälle vor euch… und euer Fall wird auf VIELE verschiedene Arten angeschaut werden!» Es schien dem Beamten sichtlich Freude zu bereiten!

Wir waren höchst beunruhigt! Richie erkundigte sich sofort, ob er ein Telefonat führen dürfte und Abigail fragte, ob sie Zoe’s Malunterlagen mitnehmen könnte. Aber unsere Rechte wurden alle weggenommen: keine persönlichen Sachen, keine extra Kleidung, keine Telefonanrufe und kein religiöses Material! Passierte uns das wirklich gerade?

Die nächsten zwei Tage waren der Horror! Wir schliefen auf dem Boden und das Essen, das wir bekamen war unterirdisch! Wir hatten einen Wasserhahn und eine Toilette, die wir mit unseren Mitinsassen teilten durften.

Wir waren zwar voneinander getrennt, aber eigentlich im selben Raum und dennoch durften wir nicht miteinander kommunizieren. Richie musste das sogleich auf die harte Tour erfahren und wurde fast in eine Einzelzelle gesteckt!

Zu sagen, wir seien schlecht behandelt worden, wäre eine Untertreibung! Und es wurde noch schlimmer. Sie versuchten uns zu brechen, indem wir selbst glauben würden, wir wären Lügner und unsere Visa-Verlängerung wäre tatsächlich abgelehnt worden. Richie wurde mehrmals am Tag und in der Nacht verhört. Wenn sie dachten, wir würden schlafen, sagten sie lauthals triumphierend: «Was meinen die eigentlich, wer sie sind? Die schicken wir zurück nach Europa und sie werden ihren Camper nie wiedersehen!»

Ihre Taktik schien langsam tatsächlich aufzugehen. Wir fingen ernsthaft an zu zweifeln, ob unser Antrag effektiv noch pendent war. Hatten wir vielleicht den Brief übersehen? Wir hätten eventuell nochmals online nachschauen müssen, bevor wir das Land verliessen… Aber wie könnten wir dies jetzt noch nachweisen ohne Hilfe oder Betreuung?

Wir waren auf das Schlimmste vorbereitet!

Jedes mögliche Szenario ging uns durch den Kopf, inklusive der Wahrscheinlichkeit, den Truck und damit unser gesamtes Hab und Gut (Dokumente, Kameras … alles) zu verlieren!

Sollten wir unseren Camper verlieren, wo würden wir dann hingehen? Würden wir erneut getrennt werden? Schliesslich haben Zoe und Richie den Schweizer und Abigail den Englischen Pass. Mit Brexit und Covid wäre das tatsächlich möglich!

Oder würden wir einfach nach Mexiko fliegen und von dort weiter?

Eines wussten wir jedenfalls: die Visa-Verlängerung zu beantragen, war ein Fehler gewesen!

Die folgenden zwei Nächte liefen ähnlich ab: Ca. alle zwei Stunden wurde Richie von einem anderen Beamten verhört:

«Du hast das Gesetz gebrochen, wo hast du dich und deine Familie hineingeritten… was hast du dir dabei gedacht?!»

«Man kann höchstens sechs Monate in den USA bleiben, auch wenn dein Stempel zwölf Monate angibt!»

«Eure Visa-Verlängerung wurde abgelehnt!»

«Ich bin fertig mit dir, hinsetzen!!»

Ein anderer Beamte präsentierte uns dann zwei Optionen unserer Ausweisung:

  1. Wir bezahlen unsere Flugtickets selbst und sie bringen uns zum Flughafen
  2. Wenn wir uns das nicht leisten können, zahlen sie uns die Tickets, wobei wir dann aber niemals mehr in die USA reisen könnten!

Er machte es uns auch verständlich, dass wir unser Fahrzeug nie mehr wiedersehen würden!

Da kam Richie die Idee, dass er den Beamten mit unserem Blog überzeugen könnte. Damit konnten wir Zeit gewinnen.

Nachdem man sich über uns lustig gemacht hatte, wir uns von jedem Beamten beleidigen lassen mussten, wurde es Zeit fürs offizielle Verhör, welches individuell geführt wurde. A propos Zeit: es war 3 Uhr morgens in der zweiten Nacht.

Wir mussten schwören, nichts als die Wahrheit zu sagen, ansonsten drohten fünf Jahre Gefängnis! Das Interview begann mit einem Steilpass: «Wo seid ihr zu Hause?». Eine einfache Frage für die meisten, in unserem Fall – wie ihr euch vorstellen könnt – ein wenig knifflig.

In Abigail’s Interview erwähnte sie den Termin, den wir im September in Phoenix hatten, nachdem wir unsere Visa-Verlängerung eingereicht hatten. Dort mussten wir ja unsere biometrischen Daten (Fingerabdrücke) hinterlassen. Der Beamte war sichtlich überrascht! Er wusste nicht einmal von einem solchen Büro in Phoenix! Und Richie’s Interviewer kannte nicht mal die Vereinigten Arabischen Emirate (sein Geburtsland).

Unser Fall wurde nun ein bisschen ernsthafter behandelt.

Richie seinerseits fragte: «Wann wurde unsere Visa-Verlängerung denn abgelehnt?». Auch darauf konnte der Beamte keine Antwort geben.

Also, nach fast zwei Tagen und einer knapp verhinderten Ausschaffung, wurde unser Fall endlich untersucht und am folgenden Morgen hörte Richie die Beamten sagen: «Ah, es ist pendent!» Sie mussten es also zugeben.

Es fing an, in die richtige Richtung zu gehen. Sie änderten unseren Status von «Illegalen Einwanderern» zu «Überziehen des Visums», was zwar auch nicht stimmte. Und uns nannten sie Lügner!

Jedenfalls mussten sie uns freilassen, allerdings auf Bewährung und dies dauerte erst noch weitere sieben Stunden! Sie gaben uns sieben Tage, um das Land zu verlassen.

Nachdem wir einen Haufen Dokumente unterzeichnet und eine DNA-Probe hinterlassen hatten, gingen endlich die Tore auf… Nach 52 SEHR langen Stunden!

Ihr werdet euch vielleicht fragen, was mit Zoe in diesen 52 Stunden passierte?! So unangenehm es auch für sie war, weit weg von der Normalität zu sein, so abwechslungsreich war es, in einem Raum mit einigen anderen Müttern und Kindern zu sein. Es war ein grosser Segen, dass sie so viele Spielkameraden hatte! Was die uniformierten Männer angeht, ist sie jedoch jetzt noch stark verängstigt, sobald wir an einem Soldaten eines Militärstützpunktes vorbeikommen!

Es tut uns so leid, dass wir dich in eine solche Situation gebracht haben, Zoe!

Wir bekamen die Adresse einer Abschleppfirma, wo unser Camper offenbar abgestellt worden war. Da es aber Samstag war, konnten wir ihn für zwei weitere Nächte nicht abholen. Es hiess also, ein paar neue Kleider zu kaufen, ein Motelzimmer zu reservieren und endlich unseren Lieben von unserer Tortur zu berichten!

Zuallererst mussten wir jedoch etwas Richtiges zu essen kaufen… einen saftigen Burger!

Am Montag morgen nahmen wir ein Taxi zur Abschleppfirma (welche 20 Meilen weit entfernt war) und mussten eine horrende Rechnung über 920$ für deren Service begleichen.

Der gesamte Schaden für diesen Visa-Unsinn belief sich auf knapp unter 3000$ (inklusive 10-Jahres-Visum, was nun sowieso nicht mehr gültig ist, Visaverlängerungsantrag, Motel, Taxi und Abschleppdienst). Aber das schlimmste daran war es, die Freiheit verloren gehabt zu haben! Sie hatten uns sehr schlecht behandelt und haben nun auch noch unsere DNA!

…und dies, obwohl wir gar nichts falsch gemacht hatten!

Wir werden sehen, ob wir jemals wieder in die USA zurückkehren, aber es würde vermutlich nicht ganz so einfach werden. Dazu müssten wir wohl zuerst mit den US-Botschaften unserer Heimatländer verhandeln und dies wäre auch wieder mit hohen Kosten verbunden.

Lassen wir nun aber die Beschwerden beiseite. Wir müssen betonen, dass unser 17-monatiger Aufenthalt in den Staaten wahrlich wunderbar war und trotz des bitteren Nachgeschmacks durch diesen Zwischenfall, dieser keinesfalls unseren Eindruck von dem amerikanischen Volk, das wir kennenlernen durften und den reichen Erlebnissen, die für immer in unserer Erinnerung bleiben werden, widerspiegelt.

Bis zu unserer Ausreise hatten wir eine grosse Menge Spass und bereuen es in keiner Weise, dass wir unser «Overlanding»-Abenteuer in diesem grossartigen Land begonnen hatten!

Nun zu einem Neustart in Mexiko!

Adios Amigos!

 

Danke fürs Lesen und “we’ll meat you guys around the world!”

4 Kommentare

  1. Hey, isch ja unglaublich was eui passiert isch. Bin grad chli gschockt😳 ich hoffe, es gaht jetzt alles wieder nach Plan👍🏻
    Lg Sonja

    • Hoi Sonja, danke für din liebe Kommentar! Eus gahts wieder gut, dankä. Mir händ de Schock verdaut, aber ich bin sicher, dass vo jetzt ah, jedes Mal bime Gränzübertritt es paar mulmigi Gfühl wieder ufe chömed. Mir hoffed es gaht dir au guet! Muchos Salutos de Tequila, Mexico, Richie, Abigail & Zoe.

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